Obstbau, Weinbau und Bienen – Spannungsfeld oder Symbiose
- Details
- Zugriffe: 1382
Bericht über eine Veranstaltung am 27.11. in Weinheim
Obstbau, Weinbau und Bienen – Spannungsfeld oder Symbiose
Bienensterben – es gibt keine einfachen Antworten
Mehr als 70 interessierte Zuhörer zog es zum Thema „Obstbau, Weinbau und Bienen – Spannungsfeld oder Symbiose?“ in das Alte Rathaus in Weinheim.
Auf Einladung der Stiftung der Obst- und Gemüseabsatzgenossenschaft Weinheim und des Bezirks-Obst-, Wein- und Gartenbauvereins Weinheim berichtete Dr. Wallner in einem leidenschaftlichen Vortrag über sein Lieblingsthema: Die Biene.
Der Redner ist promovierter Agrarwissenschaflter an der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Stuttgart-Hohenheim, aber auch Imkermeister. Er kennt somit beide Seiten der gleichen Medaille und eignet sich damit hervorragend als Brückenbauer zwischen der Welt der Imker/Insektenkundler und der Landwirtschaft.
Das sog. Bienensterben ist ja schon eine ganze Weile in aller Munde. Mythen und Fakten gehen dabei Hand in Hand. Daher ist Aufklärung über Fakten das Gebot der Stunde: Bei der Familie der Bienen handelt sich um ca. 560 verschiedene Arten in Deutschland, wobei interessanterweise ca. ¾ im Boden nisten. Unter diesen vielen Bienenarten ist die Honigbiene nur eine davon. Die anderen Arten sind Wildbienen, Hummeln und die sog. Solitärbienen, mit durchaus ungewöhnlichen Namen wie die zweifarbige Schneckenhaus-Mauerbiene (Biene des Jahres 2013). Dies sind zum Teil hochspezialisierte Lebewesen, die auf gewisse Nahrungsquellen und Brutbedingungen zwingend angewiesen sind.
Das Bienensterben, so erläutert Dr. Wallner, betrifft nur im untergeordneten Maß die Honigbiene. Diese werde zum Einen durch Imker gehegt und gepflegt, zum Anderen sind Honigbienen weitaus weniger spezialisiert und viel mobiler als andere Bienenarten, die darüber hinaus eine weitaus schwächere Lobby als die Honigbiene besitzen. Problematisch stelle sich die Lage für Wildbienen und Solitärbienen dar - mehr als die Hälfte aller Arten in Deutschland sei bedroht.
Entgegen der landläufigen Meinung (und Hauptpunkt in der Berichterstattung) besteht die größte Bedrohung für Bienen nicht im Einsatz von Insektiziden, die für Bienen giftig sind (Leser, die die Diskussion der letzten Monate verfolgt haben, wissen, dass es hier v.a. um die sog. Neonicotinoide handelt).
Die größte Bedrohung liegt im immer stärkeren Wegfall der Vielfalt der blühenden Pflanzen. Die heutige Agrarlandschaft unterliege jedoch der wirtschaftlichen Notwendigkeit immer größerer Felder und der Vermeidung von Konkurrenzbewuchs, der den Pflanzen einen Kampf um Wasser, Sonne, Nährstoffe und Boden liefert. Auch durch die Flurbereinigung fielen und fallen Randstreifen und kleine brachliegende Flächen weg, die die notwendige Artenvielfalt der Blühpflanzen gewährleistet haben.
Der Referent verdeutlich das am Beispiel eines großen Feldes, das zwar in der Blütezeit ein reichhaltiges Angebot liefert, danach aber für die Bienenarten nicht mehr als Pollenspender oder Nektarquelle taugt, quasi eine „grüne Wüste“. Die Gefahr für Bienen durch Insektizide sei hier übrigens relativ gering, da Bienen sich in dieser grünen Wüste mangels Nahrungsangebot sowieso nur wenig aufhielten.
Während Honigbienen ohne Weiteres 3-4km entfernte Nahrungsangebote anfliegen, so besitzen manche Wild- und Solitärbienen nur einen Aktionsradius von ca. 100m. Somit finden diese Bienenarten im Gegensatz zur Honigbiene keine Nahrungsgrundlage mehr und sind somit zunehmend gefährdet. Dies unterbreche übrigens auch die Nahrungskette für die Insektenfresser z.B. viele Vogelarten, so dass auch diese gefährdet sind.
Daher gibt es auch neue Trends wie z.B. die Stadtimkerei, die die Blütenvielfalt im städtischen Bereich neu entdeckt, wie z.B. die Campus-Bienen an der Hochschule Mannheim
Im letzten Teil seiner Ausführungen von Dr. Wallner widmete sich dem Obstbau und Weinbau, da dieser in der Region stark verbreitet sind. Streu-Obstwiesen bieten die notwendige Vielfalt an Blühpflanzen, jedoch können auch Obstplantagen im Frühjahr ein umfangreiches Nahrungsangebot bieten. Das ist allerdings nur für diejenigen Bienen vorteilhaft, die einen zeitigen Bedarf haben. Unterstützt werden könnte das notwendige verlängerte Nahrungsangebot durch Randstreifen an den Obstanlagen und ähnliche Maßnahmen.
Bei einem Glas Apfelsaft aus der Region konnten die Besucher Ihre Fragen an den (Fach-)Mann bringen, das Gehörte Revue passieren lassen und einen spannenden Abend mit vielen neuen Informationen eines ausgewiesenen Experten ausklingen lassen.
Hintergrundinformation:
Die Stiftung der Obst- und Gemüseabsatzgenossenschaft Weinheim initiiert und unterstützt mit Ihren Erträgen gesellschaftlich wichtige landwirtschaftsnahe Maßnahmen im ehemaligen Wirkungsgebiet der Genossenschaft. Gefördert wurden im Jahr 2018 u.a. die Anpflanzung von Bäumen am Obstlehrpfad des OWGV Lützelsachsen, eine Schmetterlingswiese am Schlosspark in Weinheim, die Pflanzung von Mandelbäumen, die Aufstellung von 10 Insektenhotels wie auch die Errichtung von Hundetoiletten.
Bericht und Bilder Bernhard Hoffner